Otto von Guericke und die Familie Alemann

Die „von Guericken“ und die „Allemänner“ –
eine sehr enge Beziehung

Otto Gericke, später Otto von Guericke, war mit allen Linien der damaligen Familie Alemann verwandt. Er heiratete die Tochter von Dr. Jakob Alemann (1574-1630), der wiederum mit einer Schwester von Johann Alemann (1596-1636) verheiratet war. Über Ehefrau  konnte  er für seine Söhne Ansprüche auf die Unterstützung durch die Stiftung anmelden, über die Schwiegermutter hatten er und seine Erben Erbansprüche gegenüber jener Linie der Familie, die Johann Alemann verkörperte . Otto von Guericke jun. ist daher auch der zweite, uns noch namentlich bekannte Stipendiat.

Titelkupfer zur Leichenpredigt für Herrn Otto von Guericken (1886)

Wie eng die Verbindung der Familien war, zeigt das Titelkupfer von Otto von Guerickes Leichenpredigt, auf dem scheinbar unmotiviert die Wappen beider Familien eng verbunden aneinander lehnen: die Wappen derer „von Guericken“ und die der „Allemänner“. Beide Familien stellten also gemeinsam die Trauergemeinde und auch hinter dem Vorhang des Todes verbindet auf diesem Bild je ein Skelett beide Familien.

Otto von Guericke war aber nicht nur mit den Alemanns, also mit den eher traditionell gesinnten Patriziern eng versippt. Über seine Mutter und deren Ehe mit Christoph Schultze (1623 heirateten sie) war er gleich eng verbunden mit der Schwedenpartei, die 1632, ein dreiviertel Jahr nach der Übernahme der Stadt durch die Kaiserlichen wieder die Oberhand gewann. Nachdem  Christoph Schultze als Königlich Schwedischer Kommissar für eine Weile die Kontrolle in Magdeburg übernahm, half dieser dem Ratsmann Otto von Guericke, eine Aufgabe als Vermessungsingenieur zu bekommen. Zudem war auch der Bürgermeister Georg Schmidt mit Otto Gerickes Schwester Sofie verheiratet, deren Mutter wiederum eine Alemann war. So saß Guericke als Mitglied des 1629 abgesetzten Rates auch im neuen Rat. Er gehörte nach dem 10 Mai 1631 zu der kleinen Mannschaft, die 1632 mit dem Neuaufbau der Stadt Magdeburg begann:  vor allem Christoph Schutze, Stephan Lentke und Georg Schmidt.

Die Familie Alemann war 1631 in einer andere Lage. Sie stand allein durch ihren Namen für die alte Zeit und das zusammengefallene Weltbild. Dr. Jakob Alemann, der als ehemaliger Kanzler eines der Helden des Dreißigjährigen Krieges der Schwedenpartei sicher Sympathie entgegen gebrachte hätte, starb 1630 kurz vor der Katastrophe. Johann Alemann war schon vor der Zerstörung der Stadt als Parteigänger der Kaiserlichen von den Vertretern der Schwedenpartei aus der Stadt nach Westerhüsen vertrieben worden. Er lebte seitdem auf dem Gut, dass ihm der Kaiser 1626 geschenkt hatte. Das Hauptquartier Tillys war in der Nähe, und Johann nutzte seine Kontakte, um noch in letzter Minute eine Verhandlungslösung herbeizuführen. Nach dem Eindringen der feindlichen Truppen in die Stadt, bezichtigte man ihn sogar des Verrats. Elisabeth Djuis , die Frau dieses „Verräters“, und Katharina Bünemann, die zweite Ehefrau von Dr. Jakob Alemann, suchten nach 1631 gemeinsam  Unterschlupf in Goslar. Sie kehrten erst 1639 nach Magdeburg zurück. Nach dem Tod von Johann übernahm Otto von Guericke 1636 die Vormundschaft über Johanns Frau und deren Kinder. Eines davon, Martin Alemann (1628-1685) wurde Ratsherr und Nachfolger von Otto von Guericke, als dieser vorzeitig (vor seinem Tod) das Amt des Bürgermeistes niederlegte.

Es liegt also nahe, dass die Familie Alemann Otto von Guericke, als einem engen Verwandten und Vertrauten, 1644 eine Generalvollmacht erteilte, die 1668 erneuert wurde.

Überlieferte undatierte Abschrift der Vollmacht der Familie Alemann für Otto von Guericke von 18.9.1668. Eberhard v. Alemann könnte ein andere Abschrift vorgelegen haben, denn hier fehlen die Unterschriften (Seiten 274+278 aus dem Kopialbuch von  Martin Alemann, im Digitalisat S.281+ 286)

Das Dokument ist durch Eberhard von Alemann wie folgt überliefert:

Nachdem wir Endesbenannte sämmtliche des Alemannschen Geschlechtes zu Magdeburg, Ge­brüder und Vettern vom Churfürstl. Durchl. zu Brandenburg und Herrn Administratoris des Erzstiftes Magdeburg Fürstl. Durchl. unsern allerseits gnädigen Churfürsten, Fürsten und Herrn, wie auch von anderen Fürsten, Grafen und Vornehmen von Adel unterschiedliche Mannlehen zu empfangen haben, hingegen bei der jämmerlichen Eroberung und Ein­äscherung dieser Stadt unsere Briefe und Register mehrenteils, insonderheit auch der gesammte Lehnkasten, so beim damaligen Senior, unsern respektive Vatern und Vettern Herrn Dr. Jakob Alemann selig gestanden, zugleich mit verbrannt und von Handen gekommen, dahero und weil wir auch der Zeit mehreren theils unmündig und theils auch abwesend gewesen, also von sothanen unsern Lehnstücken, Lehnzinsen, Zehnten auch Lehnleuten wenig wissenschaft gehabt, bei sothaner ganzer Landes ruin aber die Lehn- und Zinsleute zugleich mit abgestorben, also daß wir umb so vill desto weniger dieselben und die Feldmarken, Aecker, Hufen und Höfe davon wir Zehnt, Pächte und Zins zu fordern, oder mit welche wir diejenigen so solche Stücke von uns vermöge gedachter unserer Lehnbriefe hin wiederumb zu Lehen haben und beleihen sollen, aber nicht alle wissen oder erkundigen können:

Als haben wir unumgänglich Ursache nehmen müssen, jemand die Sache aufzutragen, und unser sämmtlich wegen Vollmacht zu ertheilen.

Weil aber an diese unsere Lehngüter, Pachte, Zehnten und Zinsen, Herr Otto Gericke, Bürgermeister allhier, als unser hochgeehrter Oheim und Schwäger vermöge unserer Erbverträge und Wiederkaufverschreibungen am allermeisten mit interessiert auch er ohnedieß bishero allen möglichen Fleiß, Mühe und Unkosten, was zu Beibehaltung sothaner Lehnstücke möglich gewesen, angewendet.

So haben wir deßfalls niemand außer ihnen füglicher Vollmacht und Gewalt auftragen können, daß er nehmlich unser sämmtlich wegen in und bei allen vorfallenden Mängeln in diesen unserer Lehn und Lehnstücke halber, nehmen, wie sie wollen, wieder sothaner unserer Lehnbriefe Hinderung, Schaden, eintrag oder Streit erwecket und ein oder andere Lehnstücke in Ungewißheit gezogen werden möchten, unser bestes thun, vornehmen und verrichten wolle, gleich wir persönlich zugegen, solches selber thun könnten. Zu welchen allen sonsten, da er eines mehreren Gewalts des hierin begriffenen sein sollte, wir ihm den selben hiermit jetzt als den cum potestate substituendi, substitutionem renovandi wollen gegeben und was er also gethan auch versprochen und gehandelt, solches unverbrüchlich genehm, ratum et gratum auch ihn desfalls schadlos zu halten und alle Unkosten zu erstatten uns verpflichtet halten.

Urkundlich wir diese … [ es folgen die Unterschriften]

Zu finden in: Eberhard von Alemann, Geschichte des Geschlechtes von Alemann, Magdeburg 1909, S.182 f.

Unmittelbar vor dieser Vollmacht befindet sich ein Memorial von Otto von Guericke an die sämtlichen Alemänner, wohl zum Status des Lehnwesens, es stammt vom gleichen Datum  und ist noch nicht untersucht: S. 278-281 des Digitalisats; abgebildet erste und letzte Seite).