Die Herren Alemänner und die Alte Stadt Magdeburg
Die Geschichte der Familie ist eng verbunden mit der Geschichte Magdeburgs. Die „Herren Alemänner“ stellten unter allen Magdeburger Ratsfamilien die meisten Bürgermeister und Kämmerer.
Der erste Magdeburger Bürgermeister dieses Namens war Heyne Alemann (1325-1390). In seiner Amtszeit wurde der Dom gebaut und eingeweiht. Wir lernen durch ihn die früheste Geschichte des Stadtrates kennen und eine Ratsordnung, die von 1330-1630 den Stürmen der Zeit standhielt.
Die nächsten bedeutenden Bürgermeister unter den Alemännern sind Brüder. Der eine ist ebenfalls ein Heine (1420-1499), der andere heißt Heinrich (1425-1506). Sie regierten die Stadt in einer Zeit heftiger Konflikte mit den Stadtherren, den Magdeburger Erzbischöfen. Gemeinsam mit dem Rat, ihren Bürgermeisterkollegen und den Schöffen erkämpften Heine und Heinrich im Jahre 1497 die „concordia magna“, einen Stadtfrieden, der über 100 Jahre galt.
In der frühen Reformationszeit agierten die Alemänner eher im Hintergrund, wie z. B. die Schöffen Hans (1440-1415) und Johann (1453-1516), sowie der Bürgermeister Ludwig Alemann (1468-1543). Doch in der Blütezeit der Reformation steht wiederum ein Heine (1494-1554) im Zentrum. Er wurde zur Hauptfigur von historischen Romanen dank seiner Rolle während der Belagerung der Stadt in den Jahren 1550/51. Mit ihm gemeinsam zu nennen sind diese Namen: die Bürgermeister Hans (1491-1568), Ebeling, der Ältere (1483-1552) und Ebeling, der Jüngere (1515-1573).
Bürgermeister vor dem Dreißigjährigen Krieges waren Hans Moritz, Johann Martin, Caspar und Ebeling. Sie werden unter dem Titel Vetternwirtschaft vorgestellt.
Und dann die drei letzten Magdeburger Alemänner:
- Da ist erstens der Sohn des Bürgermeisters Hans Moritz Alemann:
Dr. Jakob Alemann, Otto Gerickes Schwiegervater , für kurze Zeit Rat und Kanzler des Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel. - Da ist zweitens der Sohn des Bürgermeisters Johann Martin Alemann:
Johann Alemann, einflussreicher Ratsherr und eine tragische Figur in der Familiengeschichte. - Da ist drittens Johanns Sohn:
Martin Alemann, Otto von Guerickes Nachfolger als Bürgermeister; zugleich der letzte in diesem Amt, bevor Magdeburg 1680 unter preußischen Administration kam.
Die nun folgenden Portraits ergeben – im Zusammenhang gelesen – so etwas wie ein Bild der Geschichte des Rates der Alten Stadt Magdeburg, ein Bild der Stadtgeschichte zwischen 1300 und 1700.
Übersicht über die Seiten:
Heyne Alemann (ca. 1325-ca. 1390)
Heine Alemann (1420-1499)
Heinrich Alemann (1425-1506)
Im Schöffengericht
Ludwig Alemann (1468-1543)
Reformationszeit
Vetternwirtschaft
Dr. Jakob Alemann (1574-1630)
Johann Alemann (1596-1636)
Persönliche Anmerkung des Autors:
Es ist mir bewusst, dass diese Portraits zu langatmig und vielleicht auch zu „speziell“ sind, um einem breiten Publikum zugemutet zu werden. Viele werden mir vermutlich sogar erklären wollen, dass ich vom Thema abweiche oder gar, dass ich überhaupt nichts zur Sache beitrage.Ich will und kann das kaum abstreiten.
Es ist aber meine (Un)Art, Einzelpersonen zum Ausgangspunkt zu nehmen, um das Weltbild in meinem Kopf durch ein Zeitbild zu erweitern, das das Gesamtbild von den Epochen der Geschichte der Welt, in der ich lebe, bereichert. Über die Gliederung habe ich zumindest versucht, den Text dem Interessierten so zugänglich zu machen, dass er vielleicht doch hier und da etwas davon findet, was für ihn von Interesse sein könnte.
Mein Bedürfnis war es, ein Gegengewicht zu setzen zu den sehr verdienstvollen Arbeiten von Hans Dorus und Eberhard von Alemann, die entweder das alte Lehnswesen und die Besitzverhältnisse oder aber den Nachweis der „Uradeligkeit“ des „Geschlechts“ im Auge hatten.
Mir geht es hier um den Nachweis der „Urbürgerlichkeit“ – unabhängig davon, ob es eine „Adelsgeschichte“ vor dieser Bürgerzeit gab, also eine Geschichte vor dem 13. Jahrhundert als Ritter oder Ministeriale . Ich möchte nicht länger versuchen, Licht in das „ursprüngliche“ Dunkel der „Geschichtsanfänge“ zu tragen, Ich möchte einfach nur das Licht der rekonstruierbaren Geschichte leuchten lassen. Gerade die Geschichte der freien Städte ist ja die frühe Form einer Gesellschaftsordnung, die – wie der heutige Rechts- und Verfassungsstaat – auf Rechtsverhältnissen beruht. Man kann hier also einiges lernen über die Segnungen und die Tücken der Demokratie, der Herrschaft von Institutionen, die Gesetzen gehorchen, die sich auf den Volkswillen berufen.
Selbstverständlich kann man beim Patriziat der Städte auch von einem Stadtadel reden und ihm alle Bürgerlichkeit abstreiten. Man kann die „Urbürger“ den „Herren“ gleichsetzen und sie unter der Überschrift „herrschende Klasse“ einem überhistorischen Verdammungsurteil unterwerfen: Sie wären Räuber, Erpresser und Ausbeuter oder doch so was ähnliches gewesen!
Vielleicht hätten die Kölner mit ihrer „Richerzeche“ hierzu gute Gründe, zumindest bis zum Jahr 1370. Doch gerade Magdeburg war seit 1294 (Kauf des Schultheißenamtes) und spätestens 1330 (neue Ratsverfassung) eine Stadt der Innungen, also der Bürger, insbesondere der Fernhändler, Kaufleute und des angeschlossenen Gewerbes. Für mich sind die „Herren Alemänner“ daher kein „Geschlecht“, sondern eine Ratsfamilie.
1604 wurde die Familie geadelt. Das war aus meiner Sicht eher so etwas wie „Bestechung“ und die Familie führte bis ins 18. Jahrhundert kein „von“ in ihrem Namen. Sie verstand sich offensichtlich als Bürgerfamlie und verband damit vermutlich einen selbstbewussten und gediegenden Stolz, obwohl natürlich – schon wegen der zusätzlichen Privilegien – alle Ratsfamilien eine Gleichstellung zum Adel anstrebten.
Das war ganz anders, als z.B. Otto von Guericke nur 60 Jahre später in geänderten Verhältnissen den Adel erwarb und sofort seinen Namen änderte. Denn in seiner Zeit (nach dem Dreißigjährigen Krieg) begann sich ja das zu entwickeln, was die Generation meiner Urgroßeltern und auch noch der Großeltern so sehr beschäftigte: der Adelsdünkel. In der Herausbildung der staatenähnlichen Territorien wurde dieser Dünkel desto mehr zum Problem, je mehr die „natürlichen Wurzeln“ des Adels mit den Rittern und den Lehnsverpflichtungen abstarben, um einem immer stärker personalisierten Statusbewusstsein Platz zu machen.
In meiner persönlichen Bemerkung auf den Magdeburgseiten unserer Internetpräsenz schrieb ich:
„Der Zeit als Geschichte nachzuspüren, kann helfen, mit dem „Geschick“, mit dem Dasein besser klar zu kommen, wenn man versucht, aus dem, was war, für das, was kommt, etwas mitzunehmen und zu lernen.“
Die Geschichte lehrt uns nichts, aber sie zeigt, dass unser Handeln Folgen hat, die wir niemals überschauen und beherrschen können, und sie lehrt uns, diese unabweisbaren Folgen in unseren Erwägungen zu bedenken.
Bis zur Generation der Großeltern gab es noch Kadettenschulen, an denen der Uradlige seinen „Wert“ gegen die Nicht-Uradligen ausspielen konnte. Heute müssen die jungen Menschen ihr Selbstbewusstsein nicht mehr mit „äußerlichen“ Etiketten aufwerten, um an den Schulen ihren Mitschülern gleichwertig gegenüber zu treten. Eher das Gegenteil ist der Fall, man fühlt sich verkannt und unverstanden, wenn das „von“ zum Gegenstand von Spötteleien wird.
Von daher wollte ich der Familiengeschichte im Kontext der Entwicklung des Bürgertums und der Frühphase seines wachsenden Selbstbewusstseins nachspüren. Und ich hoffe, dass dies oder jenes zumindest hier und da Neugier und Interesse weckt.
Berlin, den 04.06.2018, Dietrich von Alemann